Kreidefarbe selbst herstellen
Ihr liebt den Vintage Stil? Dann seid Ihr sicherlich bereits mit Kreidefarbe in Kontakt gekommen. Mit Kreidefarbe gestrichene Möbel sind wunderschöne Unikate, die in jedem Wohnraum Highlights setzen. Bereits im letzten Sommer habe ich das Mischen von Kreidefarbe selbst ausprobiert und möchte meine Erfahrungen mit Euch teilen. Kreidefarbe selbst herstellen, das ist gar nicht so schwer.
Wie ich Kreidefarbe entdeckte
Meine erste Erfahrung mit Kreidefarbe fand in einem sehr hübschen Geschäft in unserer Nähe statt. Es handelt sich dabei um ein kleines Ladengeschäft für Möbel und Dekoration im beliebten Landhaus Stil und Shabby Chic. Vor ungefähr einem Jahr wurde das Sortiment um eine Palette „Vintage Farben“ ergänzt. Die Farbtöne waren wunderschön anzusehen. Doch der Preis schreckte mich ab.
Diese Farbe war doppelt so teuer wie ein gewöhnlicher Holzlack aus dem Baumarkt. Eine Freundin von mir griff dagegen zu. Ich konnte diese Farbe schließlich an einem selbst gestrichenen Stuhl bewundern. Die Oberfläche präsentierte sich nicht glatt und hart wie bei einem Lack. Die Pinselstriche traten teilweise gut sichtbar hervor, der Anstrich wirkte matt und pudrig. Inzwischen weiß ich, dass es ich bei diesen Farben um Kreidefarbe handelte.
Kreidefarbe was ist das eigentlich?
Kreidefarbe ist eng verwandt mit der Kalkfarbe. Kalkfarben waren lange Zeit praktisch das einzig verfügbare Anstrichmittel für gemauerte und verputzte Außenwände. Original Kalkfarbe besteht ausschließlich aus gelöschtem Kalk (Sumpfkalk) und Wasser. Der Kalk fungiert dabei als Bindemittel und Pigment. Die Deckkraft der Farben ist gering.
Die ursprüngliche Kreidefarbe ist der Kalkfarbe sehr ähnlich. Statt Kalk wurde der Mixtur Schlämmkreide zugesetzt. Kalk und Kreide sind chemisch identisch, haben aber leicht unterschiedliche Eigenschaften. So ist Kalk härter.
Mit Tafelkreide hat die ursprüngliche Kreidefarbe übrigens nicht viel gemein. Tafelkreide besteht schon lange nicht mehr nur aus Kreide. Zur besseren Haltbarkeit wird Gips beigemischt.
Heutige Kreidefarbe ist nicht vergleichbar mit der ursprünglichen Kreidefarbe
Bei der Vielzahl inzwischen erhältlicher Produkte, ist eine sehr unterschiedliche Auslegung von Kreidefarbe vorhanden.
Die heutige Kreidefarbe weißt hohe Haltbarkeit, Deckkraft, Streichfähigkeit, Farbenvielfalt und Ergiebigkeit auf. Dies ist durch veränderte Rezepturen möglich geworden.
Die ursprünglichen Eigenschaften von Kreidefarbe wie bspw. die schimmelhemmende Wirkung sowie die große Verträglichkeit durch Allergiker gehen dabei unter Umständen verloren.
Kreidefarbe auf Basis einer bestehenden Farbe selbst herstellen
Als Basis für eine selbst gemischte Kreidefarbe kommt eine bereits bestehende Farbe zum Einsatz. Allgemein gilt: für den typischen Effekt von Kreidefarbe eignen sich verschiedene Farben. Sie sollten allerdings eine matte Oberfläche erzeugen.
Bereits dieses Vorgehen zeigt, bei selbst gemischter Kreidefarbe handelt es sich um eine Kreidefarbe light. Im Prinzip wird eine bestehende Farbe benutzt und die Oberflächenstruktur durch zusätzliche Inhaltsstoffe verändert.
ABER bei den beliebten käuflichen Kreidefarben sind die Inhaltstoffe nicht publiziert. Bei Annie Sloan heißt es lediglich, dass die Farbe EU Normen einhält und frei von Ethylen und Blei ist.
Die seit neustem im Baumarkt erhältliche Kreidefarbe von Gäbbig und Mätteli enthält laut Datenblatt Naptha, ein Stoff der aus Erdöl gewonnen wird. Fakt ist, dass die Inhaltsstoffe von Kreidefarben meist nicht angegeben sind. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Rezepturen sehr weit von der ursprünglichen Kreidefarbe entfernt haben. Die ursprünglichsten oder zumindest umweltschonensden Mischungen werdet Ihr sicherlich in Shops für Naturfarben wie dem Creasyst Shop* finden. Zudem gibt es einige Marken (bspw. Amazona), die explizit damit werben nur natürliche Ressourcen zu verwenden – obwohl Erdöl im Prinzip auch eine natürliche Ressource darstellt. 😉
Holzlack
Ihr wollte mit Kreidefarbe Möbel streichen? Dann ist Holzlack als Basisfarbe eine sehr gute Wahl für die selbst gemischte Kreidefarbe. Holzlack bietet eine hohe Haltbarkeit, ist wisch- und wasserfest. Er ist von Haus aus für die Oberflächenbehandlung von Holz gedacht. Holzlacke können im Baumarkt in beliebigen Farben angemischt werden. Der Preis für eine Dose (750ml) Holzlack im Wunschfarbton liegt bei ca. 15 EUR.
Wandfarben
Auch Wandfarben können als Basisfarbe für Kreidefarben dienen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Farbe eine gute Qualität hat. Günstige Wandfarben besitzen keine hohe Deckkraft und sind nicht wischbeständig. Auch bei Wandfarben ist es möglich, sich im Baumarkt eine beliebige Farbe zu mischen. Die Kosten für einen Liter guter Wandfarbe im Wunschfarbton liegen bei ca. 5 EUR.
Acrylfarbe zum Basteln
Auch diese Farben eigenen sich als Basis für eine selbst gemischte Kreidefarben. Ich würde allerdings immer einen Holzlack vorziehen. Bastelfarben sind hochpreisig, eine Preisersparnis gegenüber gekaufter Kreidefarbe ergibt sich nicht.
Beim Mischen von Kreidefarbe mit Bastelfarben muss zudem immer etwas Wasser hinzugegeben werden. Die Farbe ist sonst zu dickflüssig. Dadurch leidet die Deckkraft. Die Haltbarkeit von Bastelfarbe ist zudem wesentlich geringer als bei Holzlack. Acrylfarbe zum Basteln wäre daher meine letzte Wahl und würde ich nur für kleinere Dekogegenstände aber nicht für Möbel einsetzen.
Kreidefarbe selbst herstellen mit Gips, Schlämmkreide oder Natron
Um Kreidefarbe selbst herzustellen, existieren inzwischen unterschiedliche Rezepte im Netz. Die ursprünglichste Mischung besteht aus einer Basisfarbe, der Schlämmkreide hinzugefügt wird. Die Schlämmkreide ruft den typisch pudrigen und leicht strukturierten Stil der Kreidefarbe hervor. Schlämmkreide gibt es in Form von Calciumcarbonat zu kaufen.
Auf der Suche nach einem sinnvollen Rezept schien mir die Variante mit Gips auch sehr beliebt. Bei diesem Rezept wird statt der Schlämmkreide, Gips hinzugefügt. Der Gips soll der Farbe mehr Haltbarkeit verleihen.
Eine weniger genutzte Form von selbst gemischter Kreidefarbe ist das Hinzufügen von Natron. Natron ist ein Backzusatz und daher bei den meisten bereist vorhanden. Allerdings habe ich aufgrund der Erfahrungen anderer Blogger auf das Ausprobieren mit Natron verzichtet.
Kreidefarbe selbst herstellen – mit Schlämmkreide
Schlämmkreide hört sich nicht nur exotisch an sondern ist es auch. Weswegen ich die Kreide Online über Amazon in Form von Calciumcarbonat bestellte.
Sie kam in einem wiederverschließbaren Eimer daher. Beim Hinzufügen von Schlämmkreide fällt mir auf, dass sie in der Farbe förmlich verschwindet. An dieser Stelle habe ich bei meinen ersten Mischungen den Fehler gemacht, zuviel Schlämmkreide hinzuzufügen. Heraus kam eine dickflüssige, schwer zu verarbeitende Kreidefarbe, deren Bestandteile nach dem Trocknen als Staub zu Boden rieselten.
Ich empfehle Euch, mit einer Mischung von 4:1 zu beginnen. Bei einer Mischung 4:1 könnt Ihr bspw. eine Tasse Schlämmkreide in 4 Tassen Farbe mischen. Ist die Basisfarbe von Haus aus dickflüssig, bietet es sich an, weniger Schlämmkreide zu verwenden.
Die Schlämmkreide lies sich gut untermischen. Sie löst sich schnell in der Farbe und bildet keine Klümpchen. Der Farbton wurden durch die Kreide nicht verfälscht.
Kreidefarbe selbst herstellen – mit Gips
Auch der Gips lies sich sehr gut untermischen. Je nach Farbe des Gips, kann die Basisfarbe verändert werden. Daher empfehle ich für Kreidefarbe weißen Gips zu verwenden. Bei mir kam dieser Gips* zum Einsatz.
Gips ergibt eine wesentlich dickflüssigere Mischung. Daher ist ein anderes Mischverhältnis mit weniger Gips zu empfehlen, bspw. Im Verhältnis 5:1.
Ich rate Euch allerdings, einfach einmal selbst unterschiedliche Mischverhältnisse auszuprobiren. Geschmäcker sind schließlich verschieden.
Kreidefarbe selbst herstellen – mein Eindruck
Die Rezepturen ergeben beide ein sehr gutes Ergebnis.
Die getrocknete Oberfläche ist nahezu identisch. Wer ganz genau hinschaut, erkennt beim Gips eine minimal gröbere Oberfläche. Allerdings ist der Unterschied so gering, das ich keine Empfehlung für das eine oder andere geben möchte. Gips wie Schlämmkreide eignen sich, um Kreidefarbe selbst zu mischen.
Preislich ist Schlämmkreide ein klein wenig teurer als Gips. Dafür wurde sie mir im verschließbaren Eimer angeliefert.
Abrieb von selbst gemischter Farbe ist hoch
Beide Gemische sind ähnlich abrieb und kratzfest. Auch in diesem Punkt sind Gips wie Schlämmkreide gleichauf. Allerdings muss ich erwähnen, dass die Farbe nicht besonders abriebfest ist. Bereits beim leichten Überstreifen mit einem Stück Papier bleibt deutlich Farbe hängen. Die gekaufte Kreidefarbe weißt in diesem Punkt eine wesentlich höhere Haltbarkeit auf.
Da Kreidefarbe immer ein schützendes Finish gegen Staub, Feuchtigkeit und Umwelteinflüsse in Form von Lack oder Wachs benötigt, ist dieser Punkt vernachlässigbar.
Verarbeitung und Trockenzeit
Gips trocknet schnell, oder nicht? Ich hätte vor diesem Test wetten können, dass ein Farbgemisch mit Gips wesentlich schneller trocknet und nach kurzer Zeit bindet. Dies war allerdings nicht der Fall. Beide Farben trocknen ähnlich schnell.
Bereits angerührte Farbe ist selbst ohne Abdeckung nach 24 Stunden noch flüssig und streichbar. Auf dem Gemisch mit Gips hat sich lediglich eine dünne Haut gebildet.
Warum Kreidefarbe selbst herstellen – die Vorteile
Finanzielle Ersparnis
Der ganz große Vorteil bei der selbst gemischten Kreidefarbe liegt auf der Hand. Der Preis der selbst hergestellten Farbe kann sehr niedrig sein. Es können viele verschiedene Farbtöne gemischt werden ohne das die finanziellen Ausgaben explodieren.
Variation der Mixtur
Ein weiterer großer Vorteil ist die Konsistenz der Farbe. Durch Variation der Mixtur können Eigenschaften betont werden. Durch Erhöhung der strukturgebenden Inhaltsstoffe wird die Oberfläche der Farbe verändert. Die Pinselstriche werden sichtbarer. Der Auftrag dicker. Allerdings ist die Farbe dann auch schwerer zu verarbeiten und der Abrieb beim Anfassen gestrichener Flächen steigt an.
Auswahl der Inhaltsstoffe
Durch Auswahl der Basisfarbe können die Inhaltsstoffe der selbst gemachten Kreidefarbe kontrolliert und Zusatzstoffe verbannt werden.
Warum Kreidefarbe nicht selbst mischen – die Nachteile
Auch wenn ihr eurer persönliches Rezept für Kreidefarbe gefunden habt, ist es nicht ganz einfach die Farbe in der immer gleichen Qualität herzustellen. Größere Mengen halten sich nicht so lange wie gekaufte Farbe.
Haltbarkeit ist geringer
Bei mir trocknete die selbst gemischte Farbe auch in verschlossenen Gläsern nach wenigen Wochen aus. Für die weitere Nutzung konnte ich die Farbe zwar durch Zugabe von Wasser wieder verflüssigen, die ursprüngliche Konsistenz der Farbe veränderte sich allerdings dadurch. Das Rezept war verändert, das Streichergebnis ebenso.
Es ist doch sehr viel einfacher, Farbe in der immer gleichen Qualität zu kaufen und sofort loszulegen zu können.
Schöne Farbtöne selbst zu mischen ist schwierig und kaum reproduzierbar
Eine besondere Herausforderung stellt das Mischen von schönen Farbtönen dar. Die Ergebnisse sind nur schwer reproduzierbar.
Als Alternative bietet sich an, bereits gemischte Farben zu nutzen und diesen Schlämmkreide oder Gips hinzuzufügen. So ist eine gleichbleibende Qualität der Farbe und ein immer gleich bleibender Farbton gegeben.
Finanzielle Ersparnis ist gar nicht so groß
Das beste Ergebnis erzielte ich mit Holzlack als Basisfarbe. Der Lack bringt eine hohe Haltbarkeit mit. Allerdings ist die Ersparnis beim Einsatz von Lacken dahin – zumindest im Vergleich zu den am Markt erhältlichen, günstigen Kreidefarben. Jaja, Zeiten ändern sich. Inzwischen gibt es tatsächlich bezahlbare Kreidefarben zu kaufen.
Bei meinen vorherigen DIY habe ich die Kreidefarbe von Borma Wachs eingesetzt. Sie kostet genauso viel, wie ein günstiger Holzlack. In diesem Fall habe ich beim selbst mischen keinen finanziellen Vorteil – nur mehr Arbeit 😉 Daher ist die selbst gemischte Kreidefarbe für mich nur bei bestimmten Projekten wirklich interessant.
Damit habe ich die Kreidefarbe gemischt
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4 comments
das mit dem Mischungsverhältnis würde ich anders in Zahlen fassen: 4:1 bedeutet 4 Teile vom einen PLUS 1 Teil vom anderen Stoff mischen. Nicht so, daß 3+1=4 ergibt, sondern zusammen sind es 5 Teile im fertigen Ergebnis. Wenn ich also 100ml Kreidefarbe anmischen möchte, nehme ich 80ml Farbe und 20ml Schlämmkreide.
Ha, das hab ich auch gedacht beim Lesen, dass 4 zu 1 bedeutet, 4 teile von einem, und 1 teil vom andern.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass der ganze Artikel richtig super geschrieben ist!!! Daher ein ganz dickes Lob dafür, dass ich auf dieser einen Seite nur, herrlich umfassend informiert wurde. Und das auf so nette, charmante, und menschliche Art und Weise, dass es eine Freude war, ’sich hier bei dir zu informieren‘. Danke dafür <3
Tatsächlich hätte ich jetzt mit meiner Straßenmalkreide experimentiert, aber durch dich weiß ich jetzt, dass mich das nicht weiter gebracht hätte. Irgendwo im Keller hab ich noch einen angeknabberten Beutel Gips rumstehen. DEN hol ich mir mal endlich an den Basteltisch 😀
Werde für die Herstellung von unterschiedlichen Farbgebungen auf die Künstlerpigmente zurück greifen und austesten.
Berichte nach den ersten versuchen und Ergebnissen.
Ich möchte in meinem Denkmal Haus einiges streichen. Ich habe sonst Kasein benuzt. Kann ich die Kreidefarbe auch benutzen?